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NZ online / Nordsee-Zeitung | Bremerhaven | Bremerhaven, 21.10.2025 von Otto Oberstech
Nordsee Zeitung | Bremerhaven | Bremerhaven, 22.10.2025 von Otto Oberstech
Premiere im Piccolo Teatro: „Liebe mit Taktgefühl“ auf der Bühne
Der tollste Mann unter der Sonne
Bremerhaven. „Liebe mit Taktgefühl“ heißt das neue Ein-Personen-Stück im Piccolo Teatro in der „Alten Bürger“ von Autorin Barbara Raue-Flajs. In der Uraufführung spielt Cyrus Rahbar die Rolle des liebenswerten Machos zwischen Selbstmitleid und Größenwahn.

Am Sonntag war die Premiere vor ausverkauftem Haus.
Maximilian ist ein erfolgreicher Dirigent, der in Konzerthäusern auf der ganzen Welt gefragt ist. Nur im Privatleben klappt es leider nicht. Seine Frau Helena hat ihn rausgeschmissen, eine ungeheuerliche Kränkung für den „Maestro“. Jetzt hat er sich bei einer Online-Dating-Plattform unter dem Namen „Goldmund“ angemeldet und wartet im Park auf sein erstes Date.
Onlinedating ist eigentlich nur was für junge Menschen oder für Männer, die sonst keinen Erfolg haben, teilt er mit. Dies treffe auf ihn jedoch nicht zu, denn bei Frauen habe er immer schon die besten Karten gehabt. Er sei nicht nur ein toller und erfolgreicher Mann, sondern auch ein absoluter Frauenversteher […]. Und ein bisschen rebellisch natürlich auch: „Ich weigere mich, zu gendern!“
Der „Maestro“ schwelgt in Erinnerungen
Eigentlich ist er der tollste Typ unter der Sonne und hat kein Verständnis dafür, dass Helena ihn abservierte. Er schwelgt in Erinnerungen vom ersten Treffen; von Helenas atemberaubender Schönheit und dem aus seiner Sicht harmonischen Familienleben mit Zwillingen. […] Auf seinen Reisen hätte er viele Frauen kennengelernt, aber außer Flirten wäre da nichts gewesen. Auch wenn Helena jetzt wohl in die Wechseljahre gekommen sei und lieber allein schliefe. Nach einer Premierenfeier sei dann die Sache mit Dolores passiert. „Aber ich bin nicht fremdgegangen, alles ging von ihr aus“, bekennt Maximilian treuherzig. Leider hat Dolores das anders interpretiert und alles sei aufgeflogen. Nun wartet Maximilian auf einer Parkbank auf sein Date und spricht mit der Skulptur eine sich küssenden Paares […] „Liebe ist eine Art Geisteskrankheit. Das werdet ihr später auch noch merken“, sagt er den beiden Figuren. Wird Maximilian, der erfahrene und eigentlich ideale Mann, seine neue Traumfrau noch treffen?
Blick auf das Geschlechterverhältnis durch die Brille des Zeitgeistes
„Liebe mit Taktgefühl“ ist das erste Stück der Berliner Autorin und Schauspielerin Barbara Raue-Flajs, die mit viel Humor das Geschlechterverhältnis durch die Brille des Zeitgeistes betrachtet. Die Inszenierung von Daniel Meyer-Dinkgräfe setzt auf flotte Perspektivwechsel und Bühnenaktionen, die dem ein-Personen-Stück eine hohe Dynamik verleihen. Man hat den Eindruck, dass das Stück Cyrus Rahbar auf den Leib geschrieben ist: Mal ist er der von sich selbst berauschte Erfolgsmann mit deutlich frauenfeindlichen Tendenzen, dann stürzt er ab in die Sphären tiefster Selbstzweifel, so dass man Mitleid haben muss. Was das Publikum auch deutlich – wenn auch etwas ironisch – durch einfühlsames Seufzen zum Ausdruck bringt. Ein gelungener Theaterabend mit hohem Unterhaltungswert.
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